Umfang der zulässigen Emissionen in Stadthagen - unsere Berechnung

 

Das Asphaltmischwerk in Stadthagen darf - insbesondere nachdem mit Bescheid des Gewerbeaufsichtsamts Hildesheim vom 18.09.2018  die zulässige Produktionsmenge noch einmal wesentlich erhöht wurde - in erheblichem Umfang Schadstoffe emittieren.

 

Die Schadstoffe kommen nicht nur aus dem Schornstein. So kann es zum Beispiel bei der Materialanlieferung und den Umladungen, den Fahrbewegungen auf dem Firmengelände und bei der Gleisschotteraufbereitung erheblich stauben. Außerdem kommt es auch bei den diversen Halden zu Abwehungen von Staub.

 

Das Asphaltmischwerk wird mit Braunkohlenstaub betrieben. 

 

Braunkohle gilt als schmutziger Energielieferant und trägt maßgeblich zur Erderwärmung bei. Bei der Verbrennung werden sehr viel Kohlendioxid (CO2) und andere Schadstoffe wie z. B. diverse Schwermetalle, Quecksilber sowie Feinstaub freigesetzt. 

 

Emissionen aus dem Schornstein

 

Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung enthält konkret keine Angaben über die Schadstoffmengen, die im Laufe eines Jahres bei der Produktion des Asphalts aus dem Schornstein austreten dürfen.

 

Angegeben werden lediglich Grenzwerte für jeweils einen m³ Abluft. Technisch korrekt bedeutet das: In der Genehmigung werden die maximal zulässigen Emissionsbegrenzungen (Grenzwerte) für jeden m³ Reingas im trockenen Abgas bei Normzustand und 17 Vol-% Sauerstoffgehalt gemessen an der Schornsteinmündung angegeben.

 

Welche Schadstoffmengen dürfen im Laufe eines Jahres aus dem Schornstein austreten?

 

Mit der nachfolgenden Berechnung sollen die jährlich zulässigen Schadstoffmengen möglichst transparent und korrekt dargestellt werden.

 

  • Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim hat in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 9. Mai 2012 für den Betrieb des Asphaltmischwerkes folgende Grenzwerte pro m³ Abluft festgesetzt:

Auszug aus der Genehmigung vom 09.05.2012

 

Seinerzeit wurde die Produktion von 120.000 Tonnen Asphalt im Jahr genehmigt

 

Mit der aktuellen Genehmigung vom 18.09.2018 wird der Fa. Ahrens jetzt die Produktion von 190.000 Tonnen im Jahr gestattet - also zusätzlich 60 %. Dabei bleiben die v. g. Grenzwerte unverändert, wie der nachfolgende Auszug aus dem Genehmigungsbescheid belegt:

Auszug aus der Genehmigung vom 18.09.2018

 

 

  • Die Grenzwerte für Emissionen bezogen auf einen m³ Abgas hören sich zunächst sehr gering an. Das Unternehmen darf aber in jeder Stunde 49.500 m³ aus dem Schornstein freisetzen.

Auszug aus der Genehmigung vom 09.05.2012

 

Gutachter haben bei Emissionsmessungen am 11.11.2014 festgestellt, dass diese Abgasmengen auch erreicht werden.

 

  • Wie viele Stunden im Jahr darf Asphalt produziert werden?

Dazu steht in der von der Fa. Ahrens im Genehmigungsverfahren vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des TÜV Nord vom 24.05.2018:

 

"Die Emissionszeit wird wie folgt berechnet: Es wird eine Jahresleistung von 190.000 t Mischgut an 300 Betriebstagen im Jahr beantragt. Daraus ergibt sich eine mittlere Tagesleistung von 633 t/Tag. Bei einer realen Leistung der Anlage von 150 bis 200 t/h kann somit die mittlere Tagesleistung innerhalb von gut 3 bis knapp 5 h (entsprechend 950 bis 1.300 h/a) erbracht werden."

 

Das heißt: Bis zu 1.300 Betriebsstunden könnte im Jahr Asphalt produziert werden.

 

  • Wie viele Schadstoffe wären das dann maximal im Jahr?

Die Rechnung ist ganz einfach. Die in der Genehmigung für jeweils einen m³ Abluft genannten Grenzwerte müssen zunächst mit 49.500, der Abgasmenge pro Stunde, multipliziert werden und dann noch einmal mit 1.300 Betriebsstunden pro Jahr, der von den Gutachtern genannten maximalen Produktionszeit.

 

Diese Berechnung führt zu folgendem Ergebnis:

Bei maximaler Produktionszeit bedeutet das folgende Emissionen allein aus dem Schornstein:

 

                                   • 1,29 Tonnen Staub pro Jahr

                                   • 325 kg krebserzeugende Stoffe pro Jahr

                                   • 64 Tonnen Kohlenmonoxid pro Jahr

                                   • 22,5 Tonnen Schwefeloxide pro Jahr

                                   • 22,5 Tonnen Stickstoffoxide pro Jahr

 

Quecksilber - ein weiterer Schadstoffe, der bei der Verbrennung von Braunkohle entsteht

 

Braunkohle enthält in unterschiedlichen Mengen Quecksilber, das bei der Verbrennung gasförmig, überwiegend in elementarer Form, freigesetzt wird. Mit einem Gewebefilter, der im Asphaltmischwerk in Stadthagen eingesetzt wird, kann gasförmiges Quecksilber größtenteils nicht aus der Abluft gefiltert werden. Für Quecksilber - ein sehr giftiges Schwermetall, das schwere Nervenschädigungen auslösen kann - enthalten die Genehmigungen im Übrigen gar keine Grenzwerte!

 

… und es gibt erhebliche weitere Emissionsquellen

 

Staub entweicht nicht nur aus dem Schornstein. 

 

Neben den 1,29 Tonnen Staub aus dem Schornstein der Asphaltmischanlage können auch bei anderen Arbeiten auf dem Betriebsgelände erhebliche Staubmengen anfallen.

 

So ergeben sich aus dem von der Fa. Ahrens im Genehmigungsverfahren vorgelegten TÜV Gutachten vom 24.05.2018 zum Beispiel jährlich folgende weitere Emissionen:

  • ca. 10,4 Tonnen aus dem Umschlag staubender Güter, also aus dem Umladen der verschiedenen Materialien auf dem Betriebsgelände,
  • ca. 2 Tonnen aus dem Betrieb der Brecher und Siebanlagen, also der Behandlung von Gleisschotter,
  • ca. 25 Tonnen durch die Fahrbewegungen der LKWs, Radlader und Bagger und
  • ca. 14 Tonnen durch Abwehungen von den auf dem Firmengelände aufgeschütteten Halden.

In der Summe könnten (worst case) - einschließlich der 1,29 Tonnen Staub aus dem Schornstein - rund 52 Tonnen Staub pro Jahr in die Umgebung freigesetzt werden.

 

Staub, den man nicht sieht und riecht, der aber da ist

 

Die Staubemissionen kann man zu einem großen Teil nicht sehen und auch nicht riechen. Die Staubpartikel sind teilweise so klein, dass sie über die Atmung direkt in den Blutkreislauf gelangen.

 

Dabei wird auch zwischen PM10 und PM2,5 unterschieden. Bei PM10 handelt es sich um Feinstaub, dessen Partikel maximal 10 Mikrometer groß sind, und bei PM2,5 um maximal 2,5 Mikrometer große Partikel.

 

Der Feinstaub birgt für den Menschen erhebliche Gesundheitsrisiken.

 

Das Umweltbundesamt führt dazu Folgendes aus:

"PM10 kann beim Menschen in die Nasenhöhle, PM2,5 bis in die Bronchien und Lungenbläschen und ultrafeine Partikel bis in das Lungengewebe und sogar in den Blutkreislauf eindringen. Je nach Größe und Eindringtiefe der Teilchen sind die gesundheitlichen Wirkungen von Feinstaub verschieden. Sie reichen von Schleimhautreizungen und lokalen Entzündungen in der Luftröhre und den Bronchien oder den Lungenalveolen bis zu verstärkter Plaquebildung in den Blutgefäßen, einer erhöhten Thromboseneigung oder Veränderungen der Regulierungsfunktion des vegetativen Nervensystems (Herzfrequenzvariabilität)."

Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/luftschadstoffe/feinstaub (Stand: 25.09.2018)

 

Ergebnis

 

Auch wenn in der Praxis die dargestellten Emissionskonzentrationen die Grenzwerte nicht überschreiten, ist es nach wie vor unbegreiflich, wie ein so intensiv emittierender Industriebetrieb in unmittelbarer Nähe - und in  Hauptwindrichtung - zu Wohngebieten, Kindergärten, etlichen Schulen und Sportstätten angesiedelt werden konnte. 

 

Nachbemerkung

 

Die vorstehenden Ausführungen beruhen nur auf Zahlen, die wir der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Gewerbeaufsichtsamtes und den von der Fa. Ahrens im Antragsverfahren vorgelegten Gutachten entnommen haben. 

Unseres Erachtens gehen die Gutachter zugunsten der Fa. Ahrens in ihren Berechnungen von teilweise falschen Annahmen aus.

Wir haben daher in dem Genehmigungsverfahren gegenüber der Genehmigungsbehörde, dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt in Hildesheim, in mehreren Schreiben und insgesamt 46 Seiten auf 145 Punkte hingewiesen, in denen die Gutachten überarbeitet und korrigiert werden müssten. 

 

Leider bislang ohne Erfolg…